Viele Aussagen von Söder sind wissenschaftlich nicht fundiert und sogar irreführend

Als selbständig denkender Bürger, der versucht, sich zu Corona ausgewogen zu informieren, bin ich zunehmend darüber bestürzt, wie ungestraft es unserem bayerischen Ministerpräsidenten gelingt, einfach über offen zugängliche Fakten hinwegzugehen. Stattdessen versucht er, mit wissenschaftlich nicht fundierten und teilweise sogar irreführenden Aussagen die Angst vor dem Virus weiter zu schüren und damit den Großteil der Bevölkerung immer noch bei der Stange zu halten. Ich will dies nachfolgend an einigen seiner aktuellen Aussagen belegen.

von Stephan Bauer

Zitat 1: „Wer mehr lockert, muss auch mehr testen“

gelesen am 30.06.20 im Straubinger Tagblatt: Klingt erst mal logisch, ist aber tatsächlich komplett falsch und irreführend. Die Aussage würde wohl stimmen, wenn wir immer noch sehr viele „Echt-Infizierte“ hätten. Mittlerweile muss man jedoch sogar davon ausgehen, dass der weit überwiegende Teil der positiv getesteten Personen ein falsch-positives Ergebnis bekommen hat! Der ungläubige Leser sei auf die offiziellen Ring-Versuche des INSTAND e.v. verwiesen. Dies ist ein offizielles Organ zur Qualitätssicherung der Labore, die an der Testdurchführung beteiligt sind. Hier hat sich herausgestellt, dass Tests an nicht infizierten Personen bei ca. 1,4% ein sog. falsch-positives Ergebnis liefern. In anderen Worten: Testet man 100.000 Nichtinfizierte, erhält man für ca. 1400 Personen trotzdem ein positives Ergebnis! Nun muss man sich noch das hoch offizielle „Epidemiologische Bulletin Nr. 26“ des RKI vom 25.06.20 ansehen: Dort kann man auf S. 22 erkennen, dass sich die Rate der positiv getesteten Personen seit KW 20 (also seit dem 11. Mai) in genau diesem Bereich bewegt! Der Wert pendelt zwischen 0,8% und 1,7%. De-facto gibt es somit so gut wie keine Infizierten mehr! Daraus folgt zwingend – und dies scheint unter Epidemiologen wahrhaft keine neue Erkenntnis zu sein – dass es absolut keinen Sinn mehr macht, weiter zu testen, sofern eine Epidemie am Auslaufen bzw. bereits beendet ist. Einzig Gesundheitsminister Spahn hat dies tatsächlich aufgegriffen und vor massenhaften Tests an symptomlosen Bürgern genau aus diesem Grund gewarnt. Aber unser bayerischer Ministerpräsident muss wieder einen eigenen Weg gehen. Wie beratungsresistent darf man in so einer Position eigentlich sein? Er setzt sich damit dem Verdacht aus, die sog. Pandemie nur künstlich am Laufen halten zu wollen. Offensichtlich kämen hier mehrere Gründe in Frage, z.B. die Investitionen in den Impfstoff: Wie unangenehm wäre es, wenn sich diese als absehbarer Fehler – sozusagen „Schweinegrippe 2.0“- offenbaren sollten…

Zitat 2: „Wir dürfen nicht riskieren, dass wir noch vor dem Herbst eine 2. Welle haben – eine <<schleichende Welle>>“

Dies stammt aus seiner Videobotschaft vom 27.06.20. Hier wird also ein neuer Begriff eingeführt: die „schleichende Welle“! Anscheinend reift nun wohl in Regierungskreisen die Erkenntnis, dass die bis dato von offizieller Seite erwartete 2. Welle wohl eher doch nicht kommt – siehe dazu auch die vorige Analyse zu Zitat 1. Daher sieht man sich nun offensichtlich gezwungen, tief in die rhetorische Trickkiste zu greifen. Was für eine Manipulation! Eine „schleichende Welle“ impliziert bei genauer Betrachtung, dass wir Bürger es gar nicht merken werden, wenn sie kommt. Nur gut dass wir die Regierung haben, die es uns dann gewiss rechtzeitig sagen wird! Unfassbar! ich konnte jedenfalls zu dem Begriff keine weiteren Infos recherchieren. Er scheint tatsächlich eine Neuschöpfung zu sein. Daher sei dem Autor an dieser Stelle ein Stück Polemik vergönnt: Nachdem Prof. Drosten kürzlich mit dem Grimme-Preis geehrt wurde, steht wohl zu befürchten, dass Markus Söder für seine neuen Erkenntnisse in Kürze den Nobelpreis für Medizin erhalten wird.

Zitat 3: „Corona bleibt tödlich!“

Ebenfalls aus der Videobotschaft vom 27.06.20: Es ist schon lange klar, dass Sars-Cov-2 kein Killer-Virus ist. Die Sterblichkeitsrate liegt nach allen aktuellen Erkenntnissen in einem Bereich, der einer mittleren bis schweren Grippewelle entspricht. Darauf wurde von anerkannten Spezialisten wie Prof. Streek und Prof. Bhakdi schon seit längerem hingewiesen. Prof. Bhakdi verweist u.a. in seinem neuen Buch auch darauf, dass 80 – 90% der Menschen mehr oder weniger immun gegen Sars-Cov-2 sind und daher keine oder nur milde Symptome bekommen, wenn sie sich infizieren. Das entscheidende Stichwort hier lautet „Kreuzimmunität“. Unser Körper ist im Lauf der Jahre mit vielen verwandten Corona-Viren in Berührung gekommen und kann dadurch auch das neue Virus schneller beseitigen. Und selbst als Mitglied der Risikogruppe hat man außerordentlich gute Chancen, eine Infektion zu überleben. So traurig wie jeder einzelne Todesfall natürlich ist, muss man doch erkennen, dass selbst bei den Ü80-Personen nur ca. 8 von 1000 daran sterben. Und die waren in aller Regel durch andere Vorerkrankungen so vorbelastet, dass Sars-Cov-2 nur noch der berühmte Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Man kann davon ausgehen, dass auch der Influenza-Virus bei vielen dieser Personen das gleiche bewirkt hätte. Jedenfalls wäre es dringend notwendig, der Öffentlichkeit die Zahlen auch Mal von der positiven Seite her zu erklären! Stattdessen wird auch hier wieder einmal massiv Angst geschürt. Die Vermutung liegt nahe, dass man sich die Wähler gefügig halten will.

Zitat 4: „Es ist besser man kuriert sich erstmal und schaut dass man entsprechend gesund wird“

Dies stammt ebenfalls aus der Videobotschaft vom 27.06.20 und bezog sich auf Urlauber aus sog. Hotspots wie z.B. Gütersloh, die keinen negativen Corona-Test vorweisen können und deswegen in Bayern nicht beherbergt werden dürfen: Hier wird ein weiteres Mal die mittlerweile zum Standard gehörende Täuschung verwendet: infiziert = krank. Dies hat man anhand der Statistiken mit den ständig aufsummierten Infizierten ja eigentlich schon zur Genüge getan. Laut Prof. Bhakdi ist dies aber einer der grundlegenden Fehler, den die Epidemiologie-Studenten bereits früh in ihrer Ausbildung lernen.

Fazit: Die Kollateralschäden führen die Maßnahmen ad-absurdum

Teilweise muss man sich fragen, ob die Regierung die offiziellen Zahlen des RKI überhaupt kennt. Schaut man sich diese wie oben ansatzweise dargestellt, genauer an, erscheint die Aufrechterhaltung von Grundrechtseinschränkungen schon seit Anfang Mai in keinem Verhältnis mehr zum tatsächlichen Geschehen zu stehen. Selbst wenn man der Regierung den Mai und Juni unter dem Aspekt „Safety first“ noch schenkt, dann muss sie sich doch spätestens jetzt endlich Mal den Fakten stellen (hierzu gäbe es nebenbei erwähnt noch viele weitere Aspekte wie z.B. die Statistiken zu Sars-Cov-2 Infektionen der „Arbeitsgemeinschaft Influenza“ des Robert-Koch-Instituts. Dies sei aber dem geneigten Leser zur Eigenrecherche überlassen).

Insbesondere aber scheint die Dimension der sog. Kollateralschäden in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch unterschätzt oder kleingeredet. Gerade die vermeintlichen Moral-Aposteln, die den Lockdown-Gegnern vorhalten, dass sie mit Menschenleben spielen, müssen sich doch auf der andere Seite selbst die Frage gefallen lassen, wie es mit denjenigen Menschenleben aussieht, die wegen ausgefallener OPs oder wegen zu großer Angst vor dem Arzt- bzw. Krankenhausbesuch vorzeitig gestorben sind? Sind diese Menschen weniger schützenswert? Von den sonstigen sozialen und wirtschaftlichen Kollateralschäden will ich jetzt gar nicht sprechen…

Die Regierung sollte sich doch wenigstens jetzt mal intensiv selbstkritisch hinterfragen, ob das alles so notwendig und richtig war und daraus schnellstens die Lehren ziehen. Es ist in Anbetracht des aktuellen Kenntnisstandes und der Tatsache, dass unser Gesundheitssystem zu keiner Zeit wirklich in Gefahr war, offensichtlich, dass sich die sog. Maßnahmen zum Schutz der Bürger allein durch die Kollateralschäden selbst ad-absurdum geführt haben.

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